IO Newsletter 19.10.2014: Wofür brauchen wir eigentlich dieses Eisenbahnbundesamt?

Liebe InfoOffensive,

gestern bekam das EBA in Bonn Besuch von engagierten Bürgerinnen und Bürgern aus Stuttgart. Mit einem eigenen Sonderzug sind sie angereist – glücklicherweise, sonst wäre die Aktion streikbedingt noch ins Wasser gefallen. Ein Streik übrigens, der wieder einmal unter Beweis stellt, wie gut die PR-Maschine der Bahn AG läuft. Überall ist zu lesen, es ginge um Macht und mit dem Finger gezeigt wird auf den Gewerkschaftsboss. Nirgends ein Hinweis darauf, dass ein Gewerkschaftsführer einen Streik keineswegs einfach verordnen kann, sondern eine breite Zustimmung braucht. Und, ja, es geht in dieser Auseinandersetzung auch um Macht. Allerdings um die Macht der Bahn AG, die natürlich lieber mit mehreren kleinen Gewerkschaften verhandelt als mit einer großen. Interessanterweise wird nirgends über die unselige Verquickung dieses sogenannten „Eigenwirtschaftlichen Betriebs“ mit unseren Steuergeldern diskutiert – aber ich schweife ab, mein Thema war das EBA.

Die Teilnehmer der Kundgebung forderten unter dem Motto „Die Schiene ist das Ziel“, dass sich die Behörde wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben besinne und sich aus der Umklammerung von  Politik und Wirtschaft lösen und seiner Kernaufgabe zuwenden sollte: Der Sicherheit im Bahnverkehr. Zu diesen Aufgaben gehört auch die „Planfeststellung für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes“ (http://www.eba.bund.de/DE/Home/home_node.html). Darüber, dass dies heute nicht mehr nur aus Sicherheitsaspekten, sondern aus politischen Motiven erfolgt, habe ich mich schon in den letzten Wochen ausgelassen.

Ganz aktuell ist zu lesen, dass die Planfeststellung, genauer die darin festgehaltenen Bedingungen unter den Beteiligten auch später noch verhandelbar sind. Herr Bitzer vom Bahnprojekt lässt uns hier wissen, dass Werte im Planfeststellungsbeschluss (hier geht es konkret um Erdaushub) in seiner Interpretation nur Cirka-Werte sind und man sich darauf geeinigt hätte, diese nur um maximal 10% zu überschreiten (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.baulogistik-fuer-stuttgart-21-bahn-nutzt-spielraeume-im-planfeststellungsbeschluss.1e900b2e-baa1-4153-bb64-8c6bbe5560d6.html). Ganz davon abgesehen, dass der Planfeststellungsbeschluss auch vorsieht, dass dieser Aushub über eigene Baulogistikstraßen abgewickelt werden sollte, wofür sich die Bahn AG einfach noch ein bisschen Zeit nimmt (http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-baustrassen-fuer-bahnhof-ab-april-2015-komplett.1ccbc346-4814-4c0d-a873-e99ea14e42e4.html). Schön übrigens das Detail, dass man die Fußgänger offenbar ganz vergessen hat (letzter Satz im Artikel) – aber natürlich werden solche Details in diesem frühen Planungsstadium noch nicht berücksichtigt…

Wozu stellt das EBA eigentlich Regeln auf, wenn sich niemand daran halten muss? Mir drängt sich da die Frage auf, warum hat die Bahn AG die Erhöhung der Wassermenge am GWM überhaupt beantragt und diese Werte nicht einfach „nachverhandelt“ wie die Menge Erdaushub auf öffentlichen Straßen? Oder werden wir das erleben, wenn es um die Überschreitung von Grenzwerten geht (http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/10/17/ueberwachung-untauglich-weiterhin-rostwasser-in-s21-blauen-rohren/)? Wir dürfen gespannt sein.

Was bedeutet genau so eine Planfeststellung durch das EBA für die Bahn? Einen Freibrief? Mehr 100 dB(A) wurden bei Rammarbeiten letzte Woche in Untertürkheim gemessen  – mit weitreichenden Folgen für die Anwohner: http://netzwerke-21.de/?p=4608. Menschen leiden und werden krank (http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-baulaerm-arzt-schreibt-ersten-anlieger-krank.ac1cee6a-b0e0-4445-bd1a-ed6b6726f6d5.html). Und was passiert? Nichts! Die Prognose von Sabine Reichert vor fast genau einem Jahr scheint sich zu bewahrheiten: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2013/11/27/rede-von-sabine-reichert-bei-der-199-montagsdemo/. Wie es in Untertürkheim weitergeht ist noch offen (http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-bahn-schaltet-ramme-ab-und-laesst-buerger-schlafen.cbcc0e24-72c2-45dd-bb84-b8662db68c4d.html). Die dürftige Informationslage (sind die Arbeiten beendet oder nur unterbrochen?) ist für uns leider die Normalität. Auch bei anderen Themen: weder EBA noch Bahn können befriedigende Antworten zum 10-fach erhöhten Wasserandrang in Wangen geben: http://netzwerke-21.de/?p=4228. Ein Thema, das es bisher leider nicht in die Medien geschafft hat.

Aber wer sollte denn intervenieren? Das EBA untersteht dem Bundesverkehrsministerium und dort hat man so gar kein Interesse an der Einhaltung irgendwelcher Regeln. Ganz im Gegenteil, wie die Diskussion um die „Lex S21“ zeigt: http://meta.tagesschau.de/id/90593/dobrindt-plant-lex-s21. Und auch wenn es um Geld (genauer: Wirtschaftlichkeit) geht, wird geschummelt für den Freibrief von „Mutti Merkel“:  http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.vermerke-aus-dem-kanzleramt-wie-merkel-s-21-fan-wurde.4a4f52d1-7ae1-47cc-9ba4-649f0e7d6c9b.html. Deshalb schreiben wir am besten alle einen Brief an sie: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/10/18/brief-an-bundeskanzlerin-merkel/ .

Können wir uns an unsere Landesregierung wenden? Nun, auch wenn ich unserem Verkehrsminister zustimme, der hier sagt, dass die Bahn genug Geld bekommt um den Filderabschnitt so zu realisieren, dass es auch einen Nutzen bringt (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-zankapfel-filderbahnhof-plus.bb06107b-7cf7-42fc-bdf3-687f305e1e85.html), so wissen wir doch längst, dass für die Regierung „Dr Käs gessa isch“. Warum eigentlich? Weil Großprojekte in Deutschland nun einmal so sind wie sie sind: Teuer und sinnlos? Oder aus anderen Gründen, wie dieser Kommentar ganz allgemein vermuten lässt: http://www.wallstreet-online.de/nachricht/7087672-meinung-geschmierte-pleitegeier?

Für uns ist der Käs nicht gegessen – und wir wollen ihn nicht. Und das stellen wir weiterhin unter Beweis. Mit wunderbaren Aktionen, wie der Fahrt nach Bonn. Eine erste Bildersammlung gibt es hier  http://www.gniluek.de/stuttgart21/2014/10/18/index.html und einen Bericht über die Aktion von Robin Wood beim Bundesrechnungshof gibt es hier: http://www.robinwood.de/Newsdetails.13+M5313c5ad2ea.0.html

Und natürlich mit den Montagsdemos. Morgen ist auch das Rostwasser im GWM (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.grundwassermanagement-streit-um-das-rostwasser-schlaegt-neue-wellen.4e2ef166-a2b6-452b-9007-ca2a24e486d2.html) wieder ein Thema der Kundgebung. Alles weitere hier: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/10/16/die-243-montagsdemo-am-20-10/

+++ Lesenswert +++
Die Projetkfortschritte aus einem anderen Blickwinkel: https://www.freitag.de/autoren/kopfmachen21/s21-mehdorn-wirft-den-tuev-raus
Die neue Webseite zum Wasserwerferprozess: http://www.wasserwerfer-prozess.de/
.. und der dazu passende Tunnelblick: http://www.tunnelblick.es/press/2014/10/51-mit-aller-gewalt/

+++ Anschauen +++
Gute Erklärung zur Lex S21: http://www.fluegel.tv/beitrag/10073
Video der Kundgebung in Bonn: http://www.youtube.com/watch?v=qRnT2knZDBs&feature=youtu.be
Die Sicht eines Lokführers auf seine Arbeitsbedingungen: http://www.youtube.com/watch?v=-V4XiIZaJHg&sns=tw&app=desktop

+++ Vormerken +++

Montag, 08.12.2014, 18:00 Uhr: Die 250. Montagsdemo!

Herzliche Grüße und -oben bleiben!
Andrea
für IO.KO

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