IO-Newsletter 12.01.2014: Blick über den Tellerrand

Liebe InfoOffensive,

In Stuttgart geht es nach wie vor hauptsächlich um den Ort der Montagsdemo. Unser Oberbürgermeister Kuhn gibt sich jetzt plötzlich den Anschein, er wäre an einer einvernehmlichen Lösung interessiert (http://gea.de/nachrichten/politik/stuttgart+21+wohin+mit+dem+montagsdemos+.3513489.html). Ich denke eher er merkt, dass er nicht länger schweigen kann, war doch das letzte Kooperationsgespräch nicht von Erfolg gekrönt: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/01/08/presseerklaerung-stadt-straeubt-sich-gegen-langfristige-demo-planung/. Wir werden sehen, wohin die Auseinandersetzung uns führt – wir sollten nur darauf achten, dass wir uns nicht in zu viele unterschiedliche Richtungen führen lassen.

+++ Schlimmer geht immer. In Hamburg +++ zum Beispiel. Kürzlich wurden dort 3 Stadtviertel zum Polizeistaat erklärt. Zugegeben, die Wortwahl war eine andere, man nannte das „Gefahrengebiet“, was bedeutet, dass die Polizei anlasslos und verdachtsunabhängig Personen anhalten und befragen, ihre Identität feststellen sowie mitgeführte Gegenstände kontrollieren kann. Die Ausdehnung und die Dauer können von der Polizei festgelegt werden, eine richterliche Anordnung ist dafür nicht erforderlich. Vorangegangen war ein Angriff von Demonstranten auf die Davidwache in St. Pauli – oder eben auch nicht. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, ist die Geschichte der Polizei doch sehr zweifelhaft: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/angriff-auf-davidwache-zweifel-an-darstellung-der-polizei-a-942235.html. Inzwischen wurde das „Gefahrengebiet“ zwar verkleinert, aufgehoben ist es nicht: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-01/hamburg-gefahrengebiet-verkleinert. Auch hier werden wir erst sehen, was weiter passiert: http://www.abendblatt.de/hamburg/article123778093/Polizei-ruestet-sich-fuer-neue-Demo-durch-Gefahrengebiet.html.

Und wer jetzt denkt, das geht nur in Hamburg – nein, grundsätzlich wäre so etwas auch in Bayern oder Baden-Württemberg möglich: http://www.n-tv.de/politik/Wie-Hamburg-zum-Gefahrengebiet-wurde-article12031646.html. Ob die BürgerInnen hier so viel Humor hätten, ihrem Protest mit Klobürsten (http://www.tagesschau.de/inland/klobuerste100.html) und Kissenschlachten (http://www.abendblatt.de/hamburg/article123760824/Protest-auf-St-Pauli-mit-Kissenschlacht-statt-Boellerwurf.html) Ausdruck zu verleihen?

Bleiben wir in Hamburg. Neben der Kritik an der Eskalation (http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/gefahrengebiet-in-hamburg-verfehlte-symbolpolitik-a-941877.html) macht auch das wenig prestigeträchtige Projekt +++ Elbphilharmonie +++ wieder einmal von sich reden. Die Schweizer nennen es „Turmbau zu Hamburg“ (http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/prestigedenken-macht-blind-1.18217383). Beim Hamburger Abendblatt ist ein ausführliches Dossier zum Projekt erschienen – hier der Trailer dazu: http://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article122847820/Elbphilharmonie-die-Geschichte-eines-Bauskandals.html. Der Redakteur nennt auch gleich die Parallele zu S21: „Die desaströse Entscheidung mit dem Bau zu beginnen, bevor die Planungen abgeschlossen waren“. Nun, der parlamentarische Untersuchungsausschuss versucht die Schuldigen zu benennen (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/elbphilharmonie-bericht-des-untersuchungsausschusses-nennt-schuldige-a-942078.html) aber kann man die Arbeit wirklich abschließen bevor das Projekt zum Abschluss kommt?

Wo wir gerade bei Großprojekten sind – der +++ Hochmoselübergang +++ (http://de.wikipedia.org/wiki/Hochmoselbr%C3%BCcke) ist offenbar auf schwierigem Untergrund geplant. „Geologische Rutschflächen“ ist das Stichwort in den Medien (http://www.welt.de/wirtschaft/article123172517/Rutschflaechen-bedrohen-Bau-der-Hochmoselbruecke.html). Und was passiert? Diejenigen, die es wirklich wissen, dürfen nicht darüber reden (http://www.rhein-zeitung.de/region_artikel,-Hochmoselbruecke-Wirtschaftsministerium-verpasst-dem-Chef-Geologen-einen-Maulkorb-_arid,1089733.html). Die Maulkorb-Strategie wird wohl immer verfolgt, wenn Projekte ohne Nutzen unter schwierigen Umständen durchgepresst werden sollen – das kennen wir ja schon: http://www.kontextwochenzeitung.de/pulsschlag/138/maulkorb-fuer-hoehlenforscher-1846.html

Nach +++ BERlin +++ zu schauen, bringt nichts wirklich Neues – im Gegenteil, man nennt nicht mal mehr den Termin, an dem man den Termin nennen möchte: http://www.bz-berlin.de/service/flughafen-berlin-brandenburg/hier-kommt-die-erste-ber-lachnummer-2014-article1784042.html. Mit Hany Azer, der von Mehdorn als Retter vorgesehen war, konnte man sich offenbar doch nicht einig werden: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/hauptstadtflughafen-ber-technikchef-amann-verfasst-brandbrief-an-wowereit-a-923542.html. Eigentlich nicht überraschend. Azer wollte seine Karriere mit einem erfolgreichen Projekt krönen – und mit einem Wechsel von S21 nach BER hätte er seine Chancen sicher nicht gesteigert. Eine schöne Zusammenfassung der Probleme zum Ende 2013 gibt es hier: http://www.neues-deutschland.de/artikel/919304.der-brunnen-funktioniert-schon.html

Aber ich will nicht ungerecht sein – ein Projekt wurde fertig: Der +++ City-Tunnel Leipzig +++!. Nach nur 10 Jahren Bauzeit (geplant waren 6) und nur knapp doppelt so teuer wie geplant ging der Tunnel jetzt in Betrieb. Unter einer Milliarde Euro! Wobei – die Kostenrechnung ist noch nicht ganz unstrittig: http://www.l-iz.de/Wirtschaft/Mobilit%C3%A4t/2013/12/2014-Ein-paar-neue-Zahlen-zum-City-Tunnel-Leipzig-52989.html. Man spricht auch nicht mehr darüber, dass der Tunnel ursprünglich auch für Fernverkehrszüge geplant wurde, die Bahn davon aber Abstand genommen hatte (wahrscheinlich um nicht an den Kosten beteiligt zu werden: http://www.l-iz.de/Wirtschaft/Mobilit%C3%A4t/2012/04/Fernverkehr-ist-im-City-Tunnel-Leipzig-nicht-geplant-41204.html). Außerdem halten ja heute Fernzüge im Tunnel – allerdings nur, weils halt grade nicht anders geht: http://www.lvz-online.de/nachrichten/aktuell_themen/leipzigs-citytunnel/ice-halten-doch-im-leipziger-city-tunnel/r-leipzigs-citytunnel-a-212427.html

Aber für +++ Nachwuchs +++ ist gesorgt, die nächsten Großprojekte harren in dieser Legilsaturperiode ihrer Entscheidung: http://www.welt.de/politik/deutschland/article120539222/Das-naechste-Grab-fuer-Steuerzahler-Millionen.html

Wie es in Stuttgart weitergeht, welches Chaos nun auch auf die SSB zukommt und so weiter und so weiter wird ein Thema auf der Montagsdemo sein. Treffpunkt wie immer 18:00 Uhr am Hauptbahnhof, von dort gehts dann zum Marktplatz: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/01/11/die-205-montagsdemo-am-13-01/

Oben bleiben!
Andrea
für IO.KO

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