IO-Newsletter 03.08.2014: Dann feiern wir eben allein

Liebe InfoOffensive,

seit Wochen schon läuft die PR-Maschine der Bahn AG, die positiven
Meldungen überschlagen sich. Da musste der Fildertunnel Anfang Juli
schon herhalten, mit großen Meldungen wurde der Bau begonnen, angeblich
gings „mit mehr als 5700 PS in Richtung Talkessel
(http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.fildertunnel-fuer-stuttgart-21-mit-mehr-als-5700-ps-von-den-fildern-in-richtung-talkessel.16293334-d588-497f-8eb1-bdbfc23df2d2.html).
Zugegeben, die PR-Maschine kam ein bisschen ins Stocken, die „Offene
Baustelle“ am Fildertunnel
(http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.fildertunnel-fuer-stuttgart-21-befuerworter-und-gegner-besichtigen-die-baustelle.96137a52-953e-4f73-99b4-f9e1a0b72ceb.html)
stieß wohl auf sehr wenig Interesse. Augenzeugen erzählten von einem
beeindruckenden Polizeiaufgebot mit Reiterstaffeln und allem was
dazugehört im angrenzenden Gewerbegebiet – aber viel zu sehen gabs wohl
nicht, sonst hätte es dazu mehr als die paar dürren Worte gegeben. Ende
Juli beginnt man dann sich Gedanken zu machen, wie der Aushub
abtransportiert werden könnte. Abgesehen davon, dass eine vernünftige
Planung diesen Punkt längst bedacht hätte – viel Aushub kann wohl
seither nicht entstanden sein:
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.s-21-fildertunnel-cdu-unterstuetzt-forderung-der-bahn.234ab8ab-8b0b-4460-8f07-37a16dd2e1ad.html

Groß angekündigt dann schon am 2. Juli – der Spatenstich. Naja, es war
nur die Ankündigung der Terminankündigung – aber immerhin:
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.baugrube-fuer-s21-tiefbahnhof-spatenstich-steht-wohl-kurz-bevor.b220816d-891f-4d90-ab8d-1c8ed2b564dd.html.
Nach Prellbocklupfen und 100x zelebrierten Baubeginnen jetzt eben ein
weiterer Baubeginn. Und man sollte denken, ein echter Baubeginn bedarf
einer echten Feierlichkeit. Was bedeutet es, dass diese abgesagt wurde?
Das mag sich jeder selbst ausmalen – die angekündigte Banneraktion
findet jedenfalls trotzdem statt:
http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/08/01/aktionstag-am-5-8-findet-trotz-bahn-rueckzieher-statt/.

Die PR-Maschine läuft, die StZ tut, was sie kann: Phrasen und
Fehlinformationen unkommentiert aus den dpa-Meldungen übernehmen:
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bahnhofstrog-fuer-s21-ab-naechster-woche-wird-im-schlossgarten-gegraben.c2b7165a-ab46-4ef4-9047-f9872a173536.html.
Glücklicherweise wird wenigstens nicht jede dpa-Meldung hier abgedruckt,
sonst wäre auch bei uns zu lesen, was die Berliner Zeitung schreibt: Der
Protest ist gescheitert, die Bahn setzt ihr Baurecht um und realisiert
das Projekt:
http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/baubeginn-s21-erster-spatenstich-fuer-stuttgart-21,10808230,28020116.html.
Nun, das ist, was die interessierte Welt außerhalb Baden-Württembergs
über S21 zu lesen bekommt. Allerdings liest man außerhalb unseres
Ländles auch Berichte, die den Stuttgarter Medien offenbar verborgen
bleiben: Die Projektfinanzierung wird ein weiteres Mal genauer
beleuchtet, wie es aussieht nimmt die EU die Prüfung der Finanzierung
wieder auf, die 2010 schon einmal begonnen wurde:
http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-08/stuttgart-21-eu-baden-wuerttemberg
und
http://www.focus.de/regional/stuttgart/verkehr-medien-eu-ueberprueft-umstrittenen-verkehrsvertrag_id_4034912.html.
Es lohnt sich also doch, die „alten“ Themen im Blick zu behalten:
https://www.radio-utopie.de/2014/07/31/skandaloeser-nahverkehrsvertrag-stuttgart-21-gegner-fordern-konsequenzen-aus-illegaler-projekt-finanzierung/.
Auch beim Spatenstich sollte man immer im Hinterkopf behalten: Die
„Dükerfrage“ ist so ungelöst wie das GWM-Problem. Und, wie der
Tagesspiegel hier sehr schön zusammenstellt: Es gibt so viele Haken und
Ösen an diesem Projekt, da ist noch längst nichts in trockenen Tüchern:
http://www.tagesspiegel.de/politik/bahnprojekt-s-21-stuttgart-graebt-weiter-im-erdreich-und-in-akten/10285606.html.

Wir dürfen weiter gespannt sein, was beim Prozess zu Tage kommt:
http://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/174/das-zahnfleisch-vom-knochen-geschossen-2353.html,
und ob es dem Untersuchungsausschuss am Ende gelingt, Verstrickungen ans
Licht zu zerren, deren Existenz auch Herr Stumpf weiter bestreitet
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.untersuchungsausschuss-schlossgarten-stumpf-bleibt-dabei-kein-politischer-druck.88788720-ae49-4827-9f18-5f39e1c7afe9.html.
Welchen Grund sollte die CDU haben, den Ausschuss einstellen zu wollen,
wenn nicht die Befürchtung, dass ihr Ruf weiter beschädigt werden
könnte?
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.30-september-2010-cdu-will-u-ausschuss-einstellen.cc8c9937-efcc-4da5-8a8b-7513d2502572.html

Mit zur PR-Maschinerie gehören die beeindruckend zahlreichen
Online-Kommentare zu jeder Berichterstattung. Wer heute noch glaubt,
diese seien von Lesern sollte sich einmal die Mühe machen, selbst
sachliche Kommentare oder inhaltliche Ergänzungen zu liefern – sie
werden schlicht ignoriert. Dafür wird jeder Kommentar veröffentlicht,
der die Projektgegner verunglimpft. Aktuell traf es einmal mehr
Eisenhart von Loeper:
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.vorstoss-von-s-21-gegnern-u-ausschuss-zu-bahnvertrag.fe097794-a934-4826-aede-1cb448c066a2.html.
Vielleicht ein Zeichen dafür, dass sein Vorstoß einen Nerv getroffen hat?

Durch die Kommentare wird nebenher der Anschein erweckt, manches Thema
stoße auf gar kein Interesse. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass die
Gäubahn eben doch nicht wie versprochen realisiert wird:
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-trotz-geissler-gaeubahn-wird-abgehaengt.95389920-ceb1-4b12-8895-8620b7754907.html.
Natürlich wird der Verkehrsminister in den Kommentaren als Idiot
dargestellt – und natürlich wäre die Bahn ja immer daran interessiert
gewesen, die Schlichtungsvereinbarung umzusetzen. Und ansonsten hat das
Thema keine Relevanz, schließlich geht es „nur“ um das ÖPNV-Konzept für
die Region. Und Verkehrskonzepte sind nun nicht die Stärke im Ländle,
das bekommt man jetzt einmal mehr in Aalen zu spüren. Die ursprünglich
vorgesehenen stündlichen direkten Verbindungen an den Flughafen
Stuttgart nach der Fertigstellung von Stuttgart 21 werden mit dem
derzeitigen Ausschreibungskonzept wohl leider leider nicht möglich sein.
Also natürlich nur unter anderem:
http://www.schwaebische.de/region_artikel,-Moderne-Wagen-auf-der-Rems-und-Jagstbahn-ab-2018-_arid,10055405_toid,1.html.
Da sitzt man doch sprachlos vor dem Bildschirm.

Und wenn ich sprachlos bin – es gibt andere auf deren Worte man sich
verlassen kann. Peter Grohmann gehört dazu, seine Rede über die Lehren
der Vergangenheit auf der letzten Montagsdemo kann hier nachgehört
werden(https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=l0LxhW3HjZQ).
Wer lieber liest:

Rede von Peter Grohmann bei der 231. Montagsdemo

+++ Termine +++

05.08.2014: Aktionstag zum BahnhofsbeTrog:

Aktionstag BAHNHOFSBETROG am 5.8. – Tagesprogramm


23.08.2014: Frieden im Park Festival:
http://www.parkschuetzer.de/statements/172921
25.08.2014: Fortsetzung des Wasserwerfer-Prozesses ab 13:30 Uhr
30.09.2014: Jahrestag 30.09.:
http://jugendoffensive.de/2-offizieller-trailer-fuer-den-30-9-2014/. Die
Veranstaltung sucht Unterstützer per Crowdfunding:
http://www.startnext.de/kundgebung-gegen-polizeigewalt

Und morgen ist natürlich wieder eine Demo auf dem Marktplatz:

Die 232. Montagsdemo am 4.August

Herzliche Grüße und – oben bleiben!
Andrea
für IO.KO

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IO-Newsletter 20.07.2014

Liebe InfoOffensive,

im letzten Newsletter war schon einiges über den „Wasserwerferprozess“ zu lesen. Dieser Prozess – bzw. das, was jetzt bei der Beweisaufnahme herauskommt – entwickelt sich zum Thriller: Auf einmal nimmt die Staatsanwaltschaft doch Ermittlungen gegen den ehemaligen Polizeipräsidenten Stumpf auf http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.schwarzer-donnerstag-ermittlungen-gegen-stumpf.04d6c975-d27f-4503-987d-eefbff2fd976.html, nachdem sie 2011 noch konstatiert hatte, „dass sich der Polizeiführer mangels einer rechtswidrigen Haupttat der unmittelbar Handelnden nicht wegen einer Beteiligung strafbar macht.“

Auch der ehemalige Oberstaatsanwalt Häußler könnte durch die Zeugenaussagen und Beweisfotos und -videos in Bedrängnis kommen, wie Dieter Reicherter in seinem lesenswerten Artikel im Kontext schreibt. http://www.kontextwochenzeitung.de/politik/172/video-schocker-vom-wasserwerfer-2327.html
Welche neuen Wahrheiten vor Gericht herauskommen ist erst recht spannend, weil parallel zu dem Prozess der Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ sich erneut um die Aufklärung des Verlaufs und der Hintergründe der aus dem Ruder gelaufenen Räumung des Schlossgartens bemüht. Im Lichte der „neuen“ Erkenntnisse ist es vielleicht nicht schlecht, sich noch einmal die Ergebnisse des ersten Untersuchungsausschusses anzusehen. Die Mehrheitsmeinung (CDU, FDP) lässt sich hier nachlesen: http://www9.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/7000/14_7500_D.PDF Das Minderheiten-Votum von SPD und Grünen, das auch am Ende des offiziellen Abschlussberichts aufgeführt ist, findet man auch separat bei der Grünen-Fraktion, das sind nur knapp 60 lesenswerte Seiten. http://www.gruene-landtag-bw.de/fileadmin/media/LTF/bawue_gruenefraktion_de/bawue_gruenefraktion_de/themen/innenpolitik/abweichendes_votum_spd_mit_gruenen_ua_po/abweichendes_votum_spd_mit_gruenen_ua_po.pdf

Herr Stumpf selber bleibt aber bei seiner Aussage von 2010 http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.untersuchungsausschuss-schlossgarten-stumpf-bleibt-dabei-kein-politischer-druck.88788720-ae49-4827-9f18-5f39e1c7afe9.html auch wenn schon im Fazit von SPD und Grünen zum letzten Untersuchungsausschuss die Indizien dafür sehr deutlich herausgearbeitet wurden: „Polizeidirektor Semling vom Staatsministerium, der den Mappus-Besuch vorbereitet und darüber ein Protokoll verfasst hat, stellte in seiner Zeugenaussage heraus: ‚Der Herr Ministerpräsident hat dann an dieser Stelle zusammengefasst oder herausgestellt, dass er dann ein offensives Vorgehen gegen diese Baumbesetzer erwarten würde.'“ (Kapitel V.1, Seite 18 im Votum von Grünen und SPD).

Wir dürfen also gespannt sein, welche Offenbarungen der aktuelle Gerichtsprozess und der laufende Untersuchungsausschuss noch bringen.

Derweil ist Stuttgart 21 nicht das einzige Projekt, wo Wirtschaft und Staat gegen den Willen der BürgerInnen agieren. In München ist gerade das Planfeststellungsverfahren für die 3. Startbahn am Flughafen auf den Weg gebracht worden, was nicht ganz ohne unangenehme Folgen für Bundesverkehrsminister Dobrindt blieb. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/protest-in-muenchen-demonstrant-attackiert-dobrindt-mit-tomate-a-777413.html Spiegel Online: „Ein Demonstrant zerdrückte eine Tomate auf seinem Kopf, ein anderer warf ein Ei auf ihn.“ Herr Dobrindt allerdings scheint auf Deeskalation zu setzen: „Die Angriffe mit Ei und Tomate solle man nicht überbewerten. Die Veranstaltung sei im Rahmen dessen verlaufen, was ‚vollkommen in Ordnung‘ sei, sagte Dobrindt gefasst. Binner [Sprecher des Aktionsbündnises AufgeMUCkt] hatte sich bei ihm für die Angriffe entschuldigt.“ (AufgeMUCkt: http://aufgemuckt.de/) Die Münchner verwahren sich übrigens gegen Versuche der „strategischen Einbindung“, wie man dem Spiegel-Artikel entnehmen kann.

Der Kampf gegen Flughafen-Erweiterungen wird gerne als „NIMBY-Protest“ (NIMBY = Not In My Back Yard) abgetan, jedoch ist der beständig wachsende Flugverkehr einer der größten Klimakiller (http://www.fluglaerm.de/hamburg/klima.htm ), und neue Start- und Landekapazitäten an etablierten Flughäfen werden natürlich auch genutzt. http://www.bund-hessen.de/themen_und_projekte/verkehr/luftverkehr_und_klima/klimakiller_luftverkehr/
Und damit komme ich zum letzten Thema, das uns auch in den nächsten Jahren noch beschäftigen wird – und wenn es schlecht läuft, werden die nachfolgenden Generationen darunter noch schwer leiden. Allen Beschwörungen der „Energiewende“ zum Trotz wird der Braunkohle-Abbau weitergeführt und ausgeweitet. Dagegen hat sich im Rheinland (http://hambacherforst.blogsport.de/2012/12/29/meta-worum-gehts-im-hambacher-forst/) und in der Lausitz (http://www.lausitzer-braunkohle.de/) Widerstand formiert. Am 23.8.2014 wird es eine Menschenkette (http://www.humanchain.org/de) von Kerkwitz in Deutschland bis Grabice in Polen geben, um ein Zeichen des grenzüberschreitenden Protestes gegen den fortschreitenden Braunkohle-Abbau zu setzen. Auch wenn die Lausitz fern ist – die Folgen der aktuellen Energie- und Klimapolitik betreffen uns auch hier. Es dürfte sich lohnen, zum Lausitzcamp zu fahren, das in der Woche vor der Menschenkette stattfindet. http://www.lausitzcamp.info/

Herzliche Grüße Malte für die InfoOffensive

+ + Termine + + + Termine + + + Termine + + +

[heute fast alle schamlos bei den Anstiftern abgeschrieben…]

Di, 22. Juli 2014, 19:00 Uhr Vortrag: Dr. Oliver Nachtwey: Soziale Bewegungen und neuer globaler Protestzyklus: Occupy, Arabischer Frühling, Krisenproteste, Gezi Park Veranstalter: Rosa Luxemburg Stiftung Linkes Zentrum Lilo Herrmann, Böblinger Str. 105, Stuttgart https://www.die-anstifter.de/?p=18855

Di, 22. Juli 2014, 19:00 Uhr Vortrag: Dr. Frank Mastiaux: Energiewende in Stuttgart – EnBW – Partner der Stadt und der Stadtwerke kritische Fragen erwünscht Veranstalter: Verein zur Förderung kommunaler Stadtwerke e.V. Rathaus Stuttgart, Marktplatz 1, Stuttgart https://www.die-anstifter.de/?p=18843
Mi, 23. Juli 2014, 18:30 Uhr – 19:30 Uhr Lesung: Ein Märchen, eine Vision und eine Utopie – Texte zur Entwicklung der Stadt Veranstalter: Bürgerchor Stuttgart Württembergischer Kunstverein (WKV), Schloßplatz 2, Stuttgart https://www.die-anstifter.de/?p=18990

Mo, 28. Juli 2014, 19:00 Uhr Sudhaus Tübingen, Hechinger Straße 203, Tübingen und Di, 29. Juli 2014, 20:30 Uhr Franz K, Unter den Linden 23, 72762 Reutlingen Konzert: Flüchtlingsfloß-Tour 2014 und weitere Termine neckarabwärts (siehe https://www.die-anstifter.de/?p=18838) http://www.strom-wasser.de

Fr, 08. August 2014 bis So, 10. August 2014 Festival: 35. Umsonst & Draußen Stuttgart-Vaihingen (hinter der Uni) http://www.ud-stuttgart.de/
Sa, 16. August 2014 bis So, 24. August 2014 Lausitzcamp Kerkwitz bei Guben, Brandenburg http://www.lausitzcamp.info/

Sa, 23. August 2014 Menschenkette gegen Braunkohle Kerkwitz bei Guben, Brandenburg http://www.humanchain.org/de

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