IO-Newsletter 06.04.2014: Heute gehts ums Geld

Liebe InfoOffensive,

darum gehts ja am Ende immer: um Geld. In Stuttgart heißt das Zauberwort gerade wieder +++ „Sprechklausel“ +++. Die Bahn tut so, als wäre daran die Verpflichtung gebunden, dass alle außer der Bahn mehr bezahlen. Nun, die juristische Fachliteratur sagt dazu „unter einer Sprechklausel versteht man eine gewissermaßen zahnlose Form der Neuverhandlungsklausel“ (http://books.google.de/books?id=tLl4gJczN4AC&pg=PA380&lpg=PA380&dq=sprechklausel&source=bl&ots=4QfdUlnTVr&sig=3xb_crsxPYQWtfCXxoYmQCoj8NY&hl=de&sa=X&ei=hDBAU_PGL4fFtAbZuICwBQ&ved=0CDAQ6AEwAA#v=onepage&q=sprechklausel&f=false). Das bedeutet, sie besagt dass man halt miteinander spricht. Das hat man unter diesem Banner 2013 getan und tut es jetzt wieder. Und zwar ebenso ergebnislos wie vor einem Jahr: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-diskussion-ueber-die-sprechklausel.c395a315-9043-4e05-8d92-2180378da76e.html.

Herr Kretschmann wiederum tut so, als gäbe es den +++ Kostendeckel +++ tatsächlich: http://www.kontextwochenzeitung.de/pulsschlag/157/der-landesvater-schreibt-2126.html. Doch gleichzeitig lässt man die Bahn, die die Übernahme von Mehrkosten mit der gleichen Selbstverständlichkeit ablehnt, munter weiter bauen. Projektförderpflicht, ihr wisst schon. Natürlich hätte man die Kostenfrage durch eine Feststellungsklage klären lassen können, doch das wollte leider niemand. Letzten Sommer habe ich unsere Landtagsabgeordneten danach gefragt (http://infooffensive.de/2013/07/mein-brief-an-meine-landtagsabgeordneten/) – Antwort gab es nur von der CDU (Kein Handlungsbedarf, es sind ja noch keine Mehrkosten angefallen). Ansonsten: Schweigen. Warum ist das allen so egal? Genau: Weil wir am Ende ja bezahlen. Wir SteuerzahlerInnen.

Und mein +++ Blick über den Tellerrand +++ sagt mir, wenn wir dem nicht Einhalt gebieten, wird das sogar noch weiter gehen. Seit Jahren weiß man, der Flughafen Hahn (ihr wisst schon, der Billigflieger-Landeplatz) schreibt rote Zahlen, steht kurz vor der Pleite. Und was passiert? Das was dann immer passiert: Der Griff in den Steuertopf, denn die Betreibergesellschaft gehört ja dem Land. In Brüssel prüft man, ob das rechtens ist. Und prüft und prüft… Der ganze Bericht des SWR: https://www.youtube.com/watch?v=QtbxeG4io14.

Besonders interessant finde ich das im Zusammenhang mit einem hier auch schon gelegentlich beleuchteten anderen Großprojekt: Dem +++ Hochmoselübergang +++ (http://www.b50neu.de/). Ein Verkehrsprojekt aus den 60er Jahren, durch den Straßenbau längst überholt – aber trotzdem muss unbedingt eine Brücke gebaut werden. Warum? Eines der Argumente ist die Verbesserung der Verkehrsanbindung des Flughafen Hahn: http://de.wikipedia.org/wiki/Hochmosel%C3%BCbergang#Kontroverse. Muss mit Gewalt gebaut werden, weil im Flughafen schon so viel Geld steckt? Und dann? Wird Ryanair wohl noch immer keine kostendeckenden Gebühren bezahlen, oder?

Doch unser +++ Staat rechnet anders +++. Unsere Landesregierung sitzt am Tisch und sprechklauselt mit der Bahn – die nicht einmal mehr in der Lage ist, ihre Infrastruktur am Laufen zu halten, von Sanierungsstau in Milliardenhöhe ist die Rede (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/sanierungsstau-in-milliardenhoehe-bahnchef-warnt-vor-maroden-bruecken-1.1825774). Die Bahn fährt seit Jahren auf Verschleiß (http://www.badische-zeitung.de/kommentare-1/deutsche-bahn-faehrt-auf-verschleiss-miese-zahlen-viele-versaeumnisse–82434941.html), obwohl sie das Geld für die Instandhaltung bereits aus dem Steuerkässchen bekommen hat. Was übrigens auch in Regierungskreisen nicht erst seit gestern bekannt ist – dieses Interview mit Winfried Wolf stammt aus 2009: http://www.heise.de/tp/artikel/29/29488/1.html. Und wer handelt? Wo bleibt unser Geld?

Übrigens kein reines Bahn-Thema. Zur +++ Infrastruktur +++ gehört auch der Straßenbau, für den wir zahlen. Weil Politik ein schmutziges Geschäft ist, wird uns von CDU und FDP das Bild serviert, Minister Hermann trage die Schuld an der Straßenbau-Misere: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.strassenbaupolitik-minister-hermann-steht-in-der-kritik.ebd163d6-3efd-4e27-8fe1-196d7217dcce.html. Natürlich kann er erklären, dass man Straßenbau nicht kurzfristig plant (http://www.welt.de/regionales/stuttgart/article126380355/Hermann-weist-die-Vorwuerfe-der-CDU-zurueck.html) – aber wie das so ist, irgendwas bleibt immer kleben – zudem wird es in den lokalen Medien auch wöchentlich wiederholt. Wer sich aber die Mühe macht und den Blick hebt stellt fest: Das Problem gibts bundesweit. Auch NRW gibt Geld zurück http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/politik/aktuelles_berichte/Trotz-Sanierungsstau-NRW-gibt-40-Millionen-fuer-Strassenbau-zurueck;art29862,2299343 obwohl die Mittel dringend gebraucht würden: http://www.rundschau-online.de/wirtschaft/verkehrsinfrastruktur–das-rheinland-broeckelt-weg-,15184892,24171130.html. Fast alle Bundesländer sind betroffen: http://www.rundschau-online.de/wirtschaft/strassenbau-nrw-gibt-40-millionen-zurueck,15184892,26501092.html. Doch so lange das Thema immer nur für lokal- und landespolitisches Parteien-Klein-Klein verwendet wird, sind wir als Steuerzahler die angeschmierten. Und Herr Dobrindt lächelt in die Kamera.

Wen können wir fragen? Nun, bisher hätte ich gedacht, den +++ Bundesrechnungshof +++. Die wissen doch, was mit unserem Geld passiert. Zugegebenermaßen hat man dort keinen echten Einfluss, aber die Lücken sind bekannt. Doch Pustekuchen, das kann ich mir sparen. Dafür hat unser gewähltes Parlament soeben im Handumdrehen gesorgt, wie uns Oliver Welke und die fabelhafte Christine Prayon in ihrem Telekolleg „Entspannt verarscht werden“ erklären: http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=tuVUWRoSAjs#t=447

Also was bleibt uns? Wir machen was wir am besten können: Immer weiter.

Wie wäre es, einmal mehr unsere Regierenden zu fragen wie sie das mit unserem Geld weiterhin handhaben wollen?

Die StuttgarterInnen könnten beim Gemeinderat oder auch bei Herrn Föll nachfragen, was nun herausgekommen ist bei der Aufsichtssitzung am 1. April – Kontaktdaten sind ja verfügbar (http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/03/25/offenen-brief-an-bm-michael-foell-cdu-unterschreiben/). Oder wer denn nun die Bahn kontrolliert, dieses eigenständige Unternehmen, das seit Jahren unser Geld verbrennt und uns gleichzeitig den Schlaf rauben will: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-buerger-fordern-messungen-der-stadt.18d7fadd-fe63-42e0-858a-d3d3feed0db1.html. Und natürlich können wir dazu beitragen, dass unser Geld nicht ausgegeben wird – wir sammeln Unterschriften für die Bürgerbegehren: http://storno21.de/ und http://www.leistungsrueckbau-s21.de/

Oder wir zeigen Präsenz:

Am 7. April bei der Montagsdemo – Achtung! In Bad Cannstatt! http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/03/20/217-montagsdemo-am-7-4-in-bad-cannstatt/
Am 8. April bei der ersten Kundgebung der Esslinger Initiative in 2014 oder einer ihrer anderen Veranstaltungen: http://www.parkschuetzer.de/statements/170473
Am 11. April ein bisschen Kultur für einen guten Zweck: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/04/04/soli-konzert-fuer-forum-gegen-unnuetze-grossprojekte/
Am 12. April bei der nächsten Laufemo: http://www.parkschuetzer.de/statements/169927

Herzliche Grüße und -oben bleiben!
Andrea
für IO.KO

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IO-Newsletter 30.03.2014: Nicht mal mehr bürgerlich?

Liebe InfoOffensive,

heute greife ich wieder einmal zum „Hörensagen“ – ich habe den Beitrag im Deutschlandradio nicht mitbekommen, über den Zwuckelmann sich in diesem Beitrag so ärgert: http://cams21.de/stuttgart-21-deutschlandradio-manipuliert-bei-berichterstattung-zur-buergerbewegung/ – der Artikel ist lang aber lesenswert. Aber eigentlich kommt ja keine Diskreditierung mehr überraschend. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass im landläufigen Sprachgebrauch die „bürgerlichen Parteien“ noch immer CDU-lastig sind, fühlt man sich selbst auch schnell nicht mehr so richtig bürgerlich. Doch wer prägt, welche Sprache wir gebrauchen? Das sind auch wiederum die Journalisten, die so gerne schreiben was regierende Politiker sagen. Es ist die gefärbte Berichterstattung, die wir seit Jahren bemängeln, die nun offenbar auch im Deutschlandfunk angekommen ist. Und so findet sich der Journalismus offenbar in einem interessanten Dilemma wieder. Man fordert, für gute Arbeit müsse auch ordentlich entlohnt werden und streikt dafür: http://www.beobachternews.de/2014/03/21/unbefristeten-journalisten-streik-im-land/. Doch wir fragen uns immer wieder: bekämen wir für mehr Geld wirklich bessere – also objektivere, kritischere, „journalistischere“ – Berichterstattung?

Ein Beispiel: Am Freitag wollten die Vertreter der Kampagne „Für unsere Stadtbahn“ (www.infooffensive.de/stadtbahn) über 1.000 unterschriebene offene Briefe an Herrn Föll übergeben (http://cams21.de/28-03-2014-uebergabe-des-offenen-briefes/). Natürlich war Herr Föll selbst nicht dabei, Bürgernähe war schließlich noch nie sein Thema. Und die Stuttgarter Zeitungen? Nun, sie ignorierten diese Übergabe trotz rechtzeitig erfolgter Pressemeldungen in gewohnter Gründlichkeit. Wie übrigens die gesamte Kampagne von Beginn an. Ein einziger Artikel prognostizierte, die Parkschützer bekämen Ärger mit der SSB – mehr gab es nicht (den Ärger übrigens auch nicht). Nun könnte man denken, das hinge mit dem eingangs erwähnten Journalistenstreit zusammen – doch läuft unsere Kampagne nun schon seit 5 Wochen, so lange wurde nicht durchgehend gestreikt. Und über so wichtige Events wie die Einweihung der Sparkassenakademie im Europaviertel wird in aller Ausführlichkeit berichtet.

Natürlich hat jede Medaille zwei Seiten – auch die des Journalismus. Ein lesenswerter Artikel dazu hier: http://www.kontextwochenzeitung.de/macht-markt/156/erbaermliche-meute-2105.html – und für die interessierten werden noch einige passende Artikel angeboten.

Hier in Stuttgart wissen wir eines ganz genau: Der Wahlkampf hat begonnen. Die Gemeinderatswahl ist das bestimmende Thema bei allem, was getan wird ebenso wie bei allem, worüber berichtet wird. Und natürlich versuchen wir diesen Wahlkampf auch für uns zu nutzen und Druck aufzubauen. Aktuell im Rahmen der Stadtbahn-Kampagne zum Beispiel auf den Gemeinderat. Viele Gemeinderäte sind gleichzeitig im Aufsichtsrat der SSB – und damit nicht nur dem Wohl der Bürger sondern auch dem Wohl des ÖPNV verpflichtet – und wenn beides nicht mit S21 vereinbar ist, dann müssen genau diese Personen handeln. Und sie können handeln, denn am 1.4. ist die Aufsichtsratssitzung der SSB: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/03/24/rede-von-matthias-von-herrmann-bei-der-215-montagsdemo/.

Mit Interesse werden wir beobachten, wie die Wahlkampftaktik der CDU in Person des 1. Bürgermeisters Föll am Ende aufgeht. Man könnte den Eindruck bekommen, dass Dinge jetzt ans Licht kommen, in der Hoffnung sie wären dann bis Mai wieder vergessen. So hat er beispielsweise der Bahn die vertraglich vereinbarte Kita auf dem A1-Areal erlassen – ganz im Alleingang: http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.verstimmter-gemeinderat-stadtraete-kritisieren-verzicht-auf-kita.0dd6902a-15c7-47d9-9cdd-39315465d782.html. Doch das könnte im Gemeinderat schlafende Hunde geweckt haben, denen jetzt auffällt, dass die Verträge mit der Bahn doch allzu lax durch eine einzige Person kontrolliert werden: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-neue-fragen-zum-neubaugebiet.554fc839-b172-45f8-879e-bd3936f5d8e4.html

Doch über diesen Wahlkampf hinaus sollten wir auch die Region im Blick behalten. Denn nach wie vor sind alle im Land betroffen, und gelegentlich kommt es den Betroffenen auch wieder in den Sinn – wie dieser Artikel aus Heilbronn zeigt: http://www.rnz.de/suedwest/00_20140325060000_110649381-Bringt_Stuttgart_21_die_Region_bei_Ausbaumassn.html. Meistens beschränkt sich die Berichterstattung leider auf Randnotizen: http://www.swp.de/ulm/nachrichten/suedwestumschau/LESERFRAGEN-Was-nuetzt-den-Menschen-auf-dem-Land-Stuttgart-21;art4319,2526199

Nun, wir machen was wir am besten können: Immer weiter.

An der Mahnwache: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/03/15/mahnwache-bittet-um-unterstuetzung/
Am 5. April die Tunnelbohrer-Aktion in Ludwigsburg: http://www.parkschuetzer.de/statements/169690
Am 7. April bei der Montagsdemo – Achtung! In Bad Cannstatt! http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/03/20/217-montagsdemo-am-7-4-in-bad-cannstatt/
Am 12. April bei der nächsten Laufemo: http://www.parkschuetzer.de/statements/169927

Montag ist Demotag! 18:00 Uhr auf dem Marktplatz! Und für die weiteren Demos bitte den Demofahrplan auf http://www.bei-abriss-aufstand.de/ beachten – am 7.4. ist die Demo in Bad Cannstatt.

Hatte ich wirklich den +++ Lesetipp +++ für den letzten Tunnelblick vergessen? Egal, bestimmt hat ihn inzwischen jeder gesehen, gelesen und weiterverteilt: http://www.tunnelblick.es/press/2014/03/45-verzockte-heimat/

Herzliche Grüße und -oben bleiben!
Andrea
für IO.KO

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