IO-Newsletter 31.12.2013: Gute Vorsätze und gute Wünsche

Liebe InfoOffensive,

Neujahr ist traditionell der Moment, an dem man zurückblickt um die Lehren aus dem Vergangenen zu ziehen und dann nach vorne schaut und sich vornimmt, manches besser zu machen. Der Erfolg stellt sich zwar nicht zwangsläufig ein, nicht jede wird die Bikinifigur schon in Juni erreicht, nicht jeder den Weihnachtsspeck gleich nach den Feiertagen mit Sport bekämpft haben – aber oft bleibt doch der Gedanke hängen. Natürlich kann man Vorsätze nur für sich selbst fassen. Trotzdem möchte ich Euch einladen, mir vielleicht in meinem guten Vorsatz zu folgen:

+++ Ab und zu einen Schritt zurücktreten um den Überblick zu behalten +++

Als der Stuttgarter Bürgermeister Schairer die Montagsdemo von der Schillerstraße verbannte, wertete ich das wie so viele als Angriff auf uns, unsere Bewegung, unser Demonstrationsrecht. Doch mit dem Abstand des Weihnachtsurlaubs fragte ich mich, was wirklich dahintersteckt. Kein Politiker tut etwas ohne Kalkül, schon gar nicht 6 Monate vor der Kommunalwahl. Die Verlegung wurde öffentlich zelebriert (http://www.bei-abriss-aufstand.de/2013/11/30/ort-der-montagsdemos-nach-der-200/). Die Parkschützer wehrten sich mit allen juristischen Mitteln, die Stadt schlug zurück – es endete mit dem Urteil des VGH Mannheim (http://www.bei-abriss-aufstand.de/2013/12/29/vgh-beschluss-zum-demoort/), das in seiner Argumentation – Abwägung Verkehrsteilnehmer gegen Demoteilnehmer – die Verlegung jeder Kundgebung in der Stauhauptstadt Stuttgart in eine beliebige kleine Nebenstraße rechtfertigt (nicht nur unsere!). Wir reagieren nach Plan, treffen uns auf der Schillerstraße und legen den Verkehr auf der Theodor-Heuss-Straße lahm. Ich selbst dachte, die Polizei wäre vielleicht mit der Verlegung und dem damit verbundenen Abweichen vom „Standardprogramm“ nicht glücklich, bedeutete es ja für die Polizei auch wieder Mehrarbeit – sie griffen jedenfalls nicht ein. Den zweiten Montag betrachtete ich schon aus der Ferne – und es schien, als hätte die Polizei dazu beigetragen das Verkehrschaos noch zu vergrößern, in dem sie den Demozug in eine falsche Richtung schickte.

Was hängen blieb sind Schlagzeilen wie „Projektgegner verursachen ein Verkehrschaos“ (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-projektgegner-verursachen-ein-verkehrschaos.2d980cf8-5d49-43a5-8a86-4b7173ecdcc0.html) und der Kommentar „S-21-Gegner verlieren das Maß“ (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kommentar-zu-stuttgart-21-s-21-gegner-verlieren-das-mass.e4aeb89e-7fd7-4463-9748-db68d0f447e8.html). Beide sind auch in der Printversion erschienen – und zwar in der Ausgabe vom 24.12. Das ist die Ausgabe, die 3 Tage auf den Küchentischen liegt – also wird sie intensiv gelesen und die Abonnenten sind wieder informiert wie schrecklich diese Demonstranten doch sind.

In den Köpfen der Bewegung blieben dagegen Schlagzeilen hängen wie „Selbst die Gegner sind für die Verlegung“ http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-selbst-s-21-gegner-fuer-verlegung-der-demos.fe695352-eda3-4e7b-bca4-a3cf831ae2cf.html

Was also ist das Ziel des BM Schairer – oder des OB Kuhn, der zu all dem so beharrlich schweigt? Ich weiß es bis heute nicht und fürchte, wir werden es erst erkennen, wenn es zu spät ist.

Eines haben sie jedenfalls erreicht: Der schon länger schwelende Konflikt um den Ort der Montagsdemo wurde zum offenen Streit der das Potenzial hat, die Bewegung zu spalten. Über Twitter wird das Demoteam bereits dem Lügenpack zugeordnet, am Aktionsbündnis wird sich schon länger abgearbeitet. Diejenigen, die auf den Marktplatz oder vielleicht einfach nur dorthin gehen wo die Kundgebung stattfindet, werden als „Schafherde“ verunglimpft. Die Gräben werden tiefer, die Fronten verhärten – und die Projektseite amüsiert sich bestimmt köstlich, denn die Selbstzerfleischung der Bewegung wird selbstverständlich öffentlich (man sagt: transparent) zelebriert. Selbst Diskussionen, die über E-Mail geführt wurden, werden öffentlich an den Pranger gestellt.

Sollten wir nicht genau hier +++ einen Schritt zurücktreten? +++

Sollten wir uns nicht auf das Ziel fokussieren, Stuttgart 21 zu verhindern und dadurch die Politik langfristig zu verändern? Ich selbst weiß nicht was richtig ist, eine Baustellenblockade, eine Briefaktion an die Landesregierung oder die Stadtverwaltung, Infostände, Flyer, Vortragsveranstaltungen, spektakuläre Banneraktionen, Infoabende, Bürgerbegehren, juristische Klagen – schon gar nicht kann ich abschätzen an welchem Ort eine Kundgebung oder ein Demozug wohl die beste Wirkung hat. Aber ich bin überzeugt dass wir nur dann wirklich eine Chance haben, wenn wir uns nicht entzweien lassen sondern alle zusammenhalten und möglichst viele Aktionsformen ausnutzen. Und ich glaube, eine Demo ist dann am besten, wenn viele Leute daran teilnehmen.

Sollten wir nicht andere Themen im Blick behalten, wie z. B. dass

Die FAZ schreibt „Die Gegner von Stuttgart 21 hören einfach nicht auf“ (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/stuttgart-21-der-lange-atem-des-widerstands-12706637.html). Ich wünsche mir für das neue Jahr, dass das wahr bleibt. Ich wünsche mir, dass wir unseren langen Atem behalten. Ich weiß aber, die Energie jedes Einzelnen hat Grenzen (auch wenn es bei manchen nicht so scheint) und daher rufe ich Euch alle dazu auf, einen Schritt zurückzutreten und dann ganz bewusst zu entscheiden, in welche Auseinandersetzung Ihr Eure Energie investieren wollt. Denn wir werden so schnell nicht „fertig“ sein, für uns ist „Der Käs‘ noch lange nicht gegessen“.

Ich wünsche Euch und uns ein glückliches und erfolgreiches 2014. Wir sehen uns am 13. Januar auf der Montagsdemo. Wo, sagt uns http://www.bei-abriss-aufstand.de/

Oben bleiben!
Andrea
für IO.KO

InfoOffensive Baden-Württemberg

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