Liebe InfoOffensive,
ich habe schon oft über „die Presse“ und deren Meinungsmache geschimpft und oft habe ich dann auch sehr kritische Antworten bekommen. Also vorab: natürlich gibt es gute Journalisten die Hintergründe recherchieren und objektiv und kritisch berichten und natürlich hat jede Medaille zwei Seiten, daher ist es gut und richtig, dass Themen von allen Seiten beleuchtet werden. Ja, natürlich darf auch über die positiven Effekte von S21 berichtet werden (wenn jemand welche findet 🙂 ). Aber es ist nicht von der Hand zu weisen: Es klappt halt oft nicht.
Da wirft doch die StZ mit Sand nach dem SWR, der sich mit einem zu früh veröffentlichten Interview blamiert, in dem die Moderatorin von der großen Beteiligung an der Grillparty und dem tollen Essen schwärmt – am Tag bevor sie stattfindet: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.affaere-um-swr-grillparty-bestellte-interviews-bringen-den-swr-in-die-bredouille.dfec489b-c3fc-4c9a-a0ec-7ff7cde49767.html. Natürlich habe ich mich köstlich amüsiert. Aber im gleichen Moment ist mir eingefallen, wie doch damals bei der Parkräumung – also genauer gesagt: In der Nacht _vor_ der Parkräumung der Bericht der StZ von der Demobühne verlesen wurde – worüber sich die Anwesenden auch sehr amüsierten. Immerhin wussten sie dann ja, dass alles friedlich verlaufen würde… Die Aufzeichnung gibt es dank CamS21 heute noch zum Nachschauen: http://cams21.de/stream.php?b-vid=2281049. Da trifft die alte Weisheit „Wer im Glashaus sitzt, sollte sich im Dunkeln umziehen“.
Einen Umgang der besonderen Art mit Meinungen ihrer Leser pflegt offenbar die Heilbronner Stimme. Natürlich werden Leserbriefe gekürzt, das kennt man aus allen Zeitungen. Kenntlich gemacht werden die Kürzungen im Einzelfall nicht, es gibt nur einen pauschalen Hinweis. Bei der Stimme allerdings passt man offenbar gelegentlich nicht nur die „Meinungsmenge“ sondern auch den „Meinungsinhalt“ des Leserbriefs an, wie ein Mitstreiter der Heilbronner gegen S21 feststellen musste: http://hgs21.blogsport.de/2014/05/06/leserbriefe-an-die-heilbronner-stimme-2/.
Den direkten Weg zur Beeinflussung wählen in der Regel unsere Regierenden. Da Pressemitteilungen immer öfter ungeprüft übernommen werden, klappt das in der Regel auch sehr gut. Vor allem natürlich, wenn die Pressemitteilung „ins Bild“ passt. So übernahmen am 29. April sowohl die Zeit (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-04/straftaten-extremismus-kriminalitaet) als auch die RP online (http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/die-gewalt-von-links-waechst-aid-1.4206250) die Meldung des Innenministeriums, nach der die „Straftaten des linken Spektrums deutlich zugenommen“ hätten. Schön, dass es dann doch noch aufmerksame Journalisten gibt, die dann doch etwas genauer in die Statistik schauen. Am 4. Mai stellte der Spiegel fest, dass ein Großteil dieser „Linken Gewalt“ aus Sitzblockaden besteht: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/linksextreme-straftaten-statistik-dramatisiert-tatsaechliche-zahlen-a-967481.html. Insgesamt stelle ich fest: Die Kriminalisierung bürgerlichen Engagements ist also keine Einbildung, sie ist sozusagen statistisch nachgewiesen.
Manchmal ist es allerdings schwierig, die Wahrheit hinter der Fassade zu sehen. Vor allem, wenn es Interessen gibt, sie zu vertuschen. So, wie es eben bei den berühmten Großprojekten Deutschlands der Fall ist. Ich dachte wirklich immer, der Flughafen BER wäre so gut wie fertig. Doch nach neuesten Meldungen scheint es, auch das war ein Umstand, den mich jemand glauben machen wollte: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ausschusszeuge-berichtet-vom-fast-fertigen-hauptstadtflughafen-a-968593.html.
Und so schließt sich wieder der Kreis zum allseits beliebten Stuttgart21. Seit Monaten soll uns vermittelt werden wie das Projekt zügig voranschreitet. Von Tunneltaufen über Fortschrittsberichte – doch nun meldet selbst die StN, die sich ja selten mit Projektkritik hervortut, dass viele Fragen offen sind: Brandschutzgutachten stehen noch aus, Streckenabschnitte sind nicht genehmigt – bei 3.500 zu unterfahrenden Grundstücken gibt es erst für 232 eine Einigung. „Risiken realisieren sich“ sagt Herr Kefer dazu: http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-fluchttreppen-stoeren-betrieb-im-s-21-bahnhof.98d2b6d0-9bbb-4f60-b198-99bfb0de33a9.html. Ein Risiko, das sich offenbar nicht realisieren soll, sind Schäden am IHK-Gebäude. Da möchte die Bahn das Gebäude doch lieber selbst kaufen – koste es, was es wolle: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/05/10/s21-db-bietet-6-mio-fuer-abriss-stadt-will-ihk-bau-anmieten/.
In dem Zusammenhang drängt sich mir die Frage auf: Wann und vor allem warum wurde eigentlich der Denkmalschutz für das Gebäude (ehem. Schitag-Gebäude bzw. Bau „R“) aufgehoben? Beim Architektenwettbewerb für den vorderen Teil war die Integration noch ein Bestandteil des Projekts. Ich habe nichts darüber im Netz gefunden. Übrigens auch keine Begründung, warum das Architekturbüro Lederer zwar den Wettbewerb gewonnen hat, der Auftrag dann aber ein halbes Jahr später an Wulf Architekten ging, die nur auf dem zweiten Platz landeten. Aber sowohl die Wege der IHK als auch der Stadt Stuttgart waren zu dieser Zeit bekanntlich besonders dunkel und unergründlich.
Nicht überraschend kommt für mich, dass das Thema „Mehrkosten“ nun wieder einmal vertagt wird: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.s21-lenkungskreis-diskussion-um-mehrkosten-vertagt.24719c18-e35d-4b39-8343-e0b9330638b7.html. Leider kommt ja immer irgendwas dazwischen. Egal ob Landtagswahl, Bürgermeisterwahl oder jetzt Kommunalwahl – das Thema ist einfach immer unpassend. Und da man wenn man redet, ohnehin über Steuergelder redet, besteht nach Ansicht unserer Politiker offenbar keine Notwendigkeit für eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema. Der tiefe Griff in die Steuerkassen scheint „nicht der Rede wert“. Und Ärger ist nicht zu befürchten – man kann sich notfalls sogar auf die Staatsanwaltschaft verlassen, bei der eine Anzeige auch mal unauffindbar ist: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-kahlschlag-an-der-rohrer-kurve.b1c0b5dc-8f2b-4b08-a9fd-2a364b38ad7f.html.
Übrigens: Die CDU bezeichnet Transparenz als Meinungsmache, denn so bezeichnet sie den neuen Untersuchungsausschuss zum Schwarzen Donnerstag: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.polizeieinsatz-gegen-s21-gegner-zweiter-ausschuss-ist-laut-cdu-verfassungswidrig.59e9f152-972e-4859-b819-e275288404b1.html. Wovor hat man bei der CDU solche Angst, dass man diesen jetzt schon als „verfassungswidrig“ bezeichnet?
Nun, ich selbst werde mir meine Meinung weiterhin lieber selbst machen. Zum Lesen gibts genug – auf http://www.bei-abriss-aufstand.de/ lässt Petra A. den Pressespiegel wieder aufleben – vielen Dank dafür. Noch ein +++ Lesetipp +++ ist der neue Tunnelblick: „Ist Widerstand zwecklos?“ – neu an der Mahnwache oder unter http://www.tunnelblick.es/.
Ich finde: Widerstand ist niemals zwecklos – und deshalb ist morgen wieder Montagsdemo: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/05/08/221-montagsdemo-am-12-05/
Herzliche Grüße und -oben bleiben!
Andrea
für IO.KO