IO-Newsletter 30. 06.2013: „Es gibt mehr Leute, die kapitulieren, als solche, die scheitern.“

das sage nicht ich, das sagte Henry Ford.

Liebe InfoOffensive,

er hat Recht. Und ich bin überzeugt davon, unsere Regierenden sind sich dessen längst bewusst. Was haben sie nicht alles versucht, um uns zum Aufgeben zu bewegen: Erst wurden wir verschwiegen, dann beleidigt und verhöhnt. Später hat man uns Repressionen ausgesetzt, man hat Exempel statuiert, versucht uns einzuschüchtern, den Park gerodet – und jetzt möchte man uns gerne wieder verschweigen. Nun, zumindest nicht „zum Wahlkampfthema machen“. Aber die Zeiten, an denen man „an uns vorbeikam“, die sind doch längst vorbei.

Im aktuellen Stern (Print) wird ein junger Brasilianer portraitiert, der sich niemals hätte vorstellen können, dass die Brasilianer sich einmal auflehnen würden. Dachten wir das nicht auch über die Schwaben? Der Artikel endet damit, dass der Protagonist erzählt, dass auch die Menschen in der Favela aus der er stammt protestieren – was in den Medien verschwiegen wird. Sie wehren sich längst gegen Polizeigewalt und ein gigantisches Verkehrsprojekt, das keinen Nutzen für sie bringt. Der Stern schreibt: „Ihnen geht es da nicht anders als den Bürgern bei Stuttgart 21 oder dem Großflughafen BER. Sie wollen mitreden. Sie wollen Teil von Politik sein.“ Wir sind doch längst Teil eines international wachsenden Bewusstseins geworden. Wir sind Teil einer Bewegung die es satt hat, dass ihre Regierungen Steuern kassieren und sie für alles Mögliche ausgeben nur nicht mehr für das Wohl der BürgerInnenn. Alle wissen heute, dass S21 Murks ist, alle „unsere“ Argumente liegen offen auf dem Tisch. Nur weiß aktuell offenbar niemand, wie man aussteigt, ohne politischen Selbstmord zu begehen. Und dazu ist niemand bereit.

Unser politisches System muss sich noch sehr weit bewegen bis sich uns wieder Kandidaten zur Wahl stellten, die ihren Prinzipen treuer sind als ihrem Salär. Und die Bürgerbeteiligung wirklich wollen. Unsere Forderung „Wir wollen nur ein bisschen Schweiz“ scheint auch in Arbeit zu sein: http://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/regierungsraetin-hochuli-angst-vor-dem-volk-ist-unbegruendet-126767578.

Was das für uns bedeutet? Mindestens, dass wir einen langen Atem haben müssen. Dass wir unseren Regierenden regelmäßig bewusst machen müssen, dass wir sie „kritisch begleiten“ und an ihren Taten messen. Denn, auch wenn sie das Spiel „Bürger veräppeln“ über Jahrzehnte erfolgreich gespielt haben und wir im Spiel „Beteiligung durchsetzen“ noch Anfänger sind, sind wir inzwischen in der Liga gefürchtet. Wir sind in ganz Deutschland bekannt; die „Parkschützer“ werden von der Presse um Statements und Einschätzungen gebeten. Wir haben eine Stimme. Eine von vielen, aber eine Stimme, die gehört wird.

Die Regierenden wissen jedoch, dass es uns kaum gelingen kann, bis ans Ende aller Tage den hohen Druck aufrecht zu erhalten. Denn wir sind eben nicht das, was man uns vor 2 Jahren nachgesagt hat: Die einsamen, beschäftigungslosen Menschen auf der Suche nach einem Lebensinhalt. Ganz im Gegenteil, viele von uns müssen sich längst wieder ihrem ursprünglichen Leben widmen um Geld zu verdienen oder den Kontakt zu Familie und Freunden nicht zu verlieren. Für die, die mit ihrer ganzen Kraft weiterkämpfen (oder längst darüber hinaus gehen) ist das schwer zu akzeptieren. Sie fühlen sich allein gelassen und versuchen mit allen Mitteln, die alten WeggefährtInnen zurückzuholen. Wir alle übersehen dabei: Der Druck, den wir innerhalb der Bewegung aufbauen fehlt uns nach außen. Und, wenn die Auseinandersetzung dann öffentlich geführt wird, lehnen sich unsere Gegenspieler entspannt zurück. Denn sie kennen das aus langer Erfahrung und sie warten nur darauf, dass wir kapitulieren.

Werden wir kapitulieren? Nein, das werden wir nicht. Davon bin ich überzeugt.

Auch wenn wir nicht mehr täglich Briefe und Mails an die Regierung schreiben, auch wenn wir nicht täglich spektakuläre Aktionen planen und unsere Abende wieder im Sportverein oder mit der Familie verbringen – wir lassen uns nicht mehr für dumm verkaufen. Wir lesen hinter den Schlagzeilen. Wir vertrauen auf die Macht unserer eigenen Medien. Auf die ungefilterten Bilder von www.camS21.de und www.fluegel.tv. Wir lesen die www.kontext-wochenzeitung.de. Und lächeln dann müde, wenn Probleme und Risiken, die wir seit Jahren predigen, plötzlich von der Presse aufgegriffen werden(http://www.bei-abriss-aufstand.de/2013/06/27/der-schiefbahnhof-titelte-kontext/). Wir heben die Augenbraue, wenn die Bahn sich selbst entlarvt (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.nahverkehr-in-stuttgart-bahn-bremst-sonderzug-von-kritikern-aus.756c525d-49d0-4d07-8f6e-ed1636246a1a.html). Und wir bleiben über unsere zahlreichen Kanäle und Netzwerke verbunden. Dauerhaft.

Und wir wissen natürlich dass Frau Merkel richtig liegt: Bei der Bundestagswahl geht es nicht um einen schrägen Provinzbahnhof. Es geht um so viel mehr.

Es geht um das Stuttgart-21-Prinzip.

Und wir werden nicht kapitulieren.
Und deshalb werden wir nicht scheitern!

Oben bleiben – kritisch bleiben!

Andrea
für IO.KO

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