IO Newsletter 02.11.2014: Was passiert eigentlich mit unserem Geld?

Liebe InfoOffensive,

wir alle bezahlen Steuern. Das Bundesfinanzministerium erklärt uns das so: „Der Staat übernimmt Aufgaben, die allen Menschen, die hier leben, zugute kommen“ (http://www.finanzforscher.de/wissen/warum-zahlt-man-steuern). Doch wenn man aufmerksam in die Gegend schaut, kommt man nicht umhin sich zu fragen, was das eigentlich bedeutet? Was gehört denn zu diesen Aufgaben? Wasserversorgung könnte man meinen – aber so ist es beispielsweise in Stuttgart nicht, die EnBW ist ein Privatunternehmen. Und das führt dazu, dass es allein in dem Stadtteil in dem ich wohne in den letzten Wochen 2 Wasserrohrbrüche gab. Mit allem was dazu gehört: Gesperrte Straßen und hohe Reparaturkosten, von denen ich gar nicht weiß, wie diese verteilt werden. Aber ich weiß, mit Wasser verdient man Geld, mit der Instandhaltung der Netze nicht (schon oft beleuchtet: http://infooffensive.de/2014/03/thema-wasser-ware-oder-verantwortung/). Natürlich bin ich nicht die erste, der das aufgefallen ist (http://www.kommunale-stadtwerke.de/). Aber es war auch nur ein Punkt auf der Liste.

Ein anderer war unsere ganz offensichtlich nicht einsatzfähige Bundeswehr. Natürlich versucht die Politik alles schönzureden (http://www.stern.de/news2/aktuell/bundeswehr-ministerium-sieht-truppe-voll-einsatzfaehig-2141418.html), doch an manchen Stellen ist es nicht mehr zu verbergen: Das Material ist nicht einsatzfähig. Und wir reden hier nicht von Problemen in Afrika, sondern vor unserer Haustür:  http://www.ndr.de/info/sendungen/reportagen/Ausruestungsmisere-gefaehrdet-Seenotrettung,bundeswehr1032.html. Fast ist es amüsant, wie die Verteidigungsministerin die Diskussion auf die Work-Life-Balance der Bundeswehrsoldaten lenkt (http://www.taz.de/Attraktivitaetsoffensive-der-Bundeswehr/!148580/) – denn müsste nicht die Kernfrage gestellt werden: Wohin flossen eigentlich die Gelder der letzten Verteidigungshaushalte? Richtig, die Bundeswehr wurde verkleinert, man verlässt sich auf die USA, wie diese Statistik zeigt (die ich zufällig gefunden und keineswegs verifiziert habe) http://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender-mit-den-hoechsten-militaerausgaben/. Aber wer haushaltet da eigentlich und wofür wird das zur Verfügung stehende Geld ausgegeben? Auf wen geht das zurück? Von der Leyen – de Maizière – zu Guttenberg – Jung – Struck – wer hat aufgehört, das vorhandene Material zu pflegen?

Nächster Punkt: Infrastruktur. Eine klassische Staatsaufgabe, oder? Warum ist plötzlich kein Geld da für die Instandhaltung unserer Straßen und Brücken? Frau Merkel macht ja nie klare Ansagen – bis auf eine Ausnahme: „Mit mir wird es keine PKW-Maut geben“ hat sie gesagt. Im Fernsehen, während das Twittervolk nur auf ihre Halskette schaute. Und jetzt? Tja, jetzt darf Herr Dobrindt fröhlich an einem Mautkonzept basteln. Ganz abgesehen davon, dass mir schwindlig wird bei Formulierungen wie „härtestmöglicher Datenschutz“ – warum reicht das Geld nicht? Zahlen wir wirklich nicht genug? Die Italiener finanzieren ihre Straßen über Steuern auf Benzin und die Maut. Deshalb war der Sprit früher für Touristen so teuer, dass es für deutsche Urlauber sogar Benzingutscheine gab (http://www.zeit.de/1983/11/wieder-benzingutscheine-fuer-italien-reisende). Und heute? Nun, Italien hat sein Steuersystem nicht geändert, aber unser Spritpreis unterscheidet sich kaum noch. Wo geht dieses Geld hin?

Und zwangsläufig landet man, wo man immer landet: Bei der Schieneninfrastruktur. Und die ist überall marode wie man lesen kann. In Ulm ist zu sehen, warum man unbedingt 20 Minuten schneller ankommen muss – weil man die Zeit vor Ort allein zum Gleiswechsel braucht:  http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kaputte-gepaeckbaender-fehlende-aufzuege-der-ulmer-bahnhof-wird-zum-hindernis.3fd6a767-ad8f-40eb-ac68-6fc81d9a91eb.html oder in NRW, wo es kaum noch intakte Brücken gibt: http://www1.wdr.de/themen/politik/bahnbruecken104.html. Das stimmt so nicht, denn es betrifft ganz Deutschland: http://www.zeit.de/mobilitaet/2014-09/deutsche-bahn-bruecken-zustand. Der Bund schießt brav Geld zu, aktuell vier Milliarden Euro: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/deutsche-bahn-kriegt-eine-milliarde-euro-mehr-fuers-schienennetz-a-997432.html. Doch – halt – da war doch was? Die Bahn ist doch ein „privatwirtschaftliches Unternehmen“, richtig? Das haben wir doch immer wieder gehört, wenn es um die Finanzierung von Stuttgart 21 und den ach so geringen Einfluss der Politik auf das Projekt ging.

Wer versteckt sich hier hinter wem? Eisenhart von Loeper hat bei seiner Rede auf der letzten MoDe noch einmal deutlich gesagt: „Artikel 87e im Grundgesetz verpflichtet den Bund und die privatisierte Bahn ausdrücklich zum Gemeinwohl und zur Erfüllung der Verkehrsbedürfnisse.“. Nun, dazu zählt Stuttgart 21 nun ganz offensichtlich nicht. Ein Thema, das die Juristen derzeit unter anderem im Blick haben. Auch brandaktuell die laufende Strafanzeige gegen die Bahnmanager. Diese erhält gerade kräftigen Schub durch das Gutachten des Strafrechtsexperten Professor Felix Herzog. (http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/strafrechtsexperte-vermutet-untreue-von-bahn-managern-bei-s-21-a-997943.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=http://t.co/f8hr2XdmuE). Prof. Herzog vermutet wegen S 21 ein wirtschaftskriminelles Geschehen strafbarer Untreue durch die Kapitalvernichtung großen Stils. Die ganze Rede hier: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/10/28/rede-von-dr-eisenhart-von-loeper-bei-der-244-montagsdemo/.

Wir dürfen einfach nicht locker lassen. Wir müssen zusehen, dass uns die Kontrolle nicht noch weiter entgleitet. Und in diesem Zusammenhang stimmt mich dieser Artikel der Deutschen Welle über die Olympia-Bewerbungen von Hamburg und Berlin eigentlich optimistisch: http://www.dw.de/die-faszination-der-ringe/a-18027295. Vielleicht wird ja wirklich etwas gelernt aus Elbphilharmonie, BER und S21? Vielleicht ist ein Richtungswechsel möglich? Vielleicht kommen wir irgendwann wieder an den Punkt, an dem der Staat mit unserem Steuergeld wieder Aufgaben übernimmt, „die allen Menschen, die hier leben, zugute kommen„?

Wir sollten uns weiter dafür engagieren. Montag ist Demotag: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/10/30/die-245-montagsdemo-am-3-11/

+++ Vormerken +++  Montag, 08.12.2014, 18:00 Uhr: Die 250. Montagsdemo!

Weitere Termine wie Wasserwerfer-Prozess etc. unter http://www.bei-abriss-aufstand.de/

+++ Anschauen +++ Infoveranstaltung zum Brandschutz bei S21: http://cams21.de/brandschutz-aus-sicht-der-feuerwehr-thema-stuttgart-21/

+++ Lachen +++ http://www.der-postillon.com/2013/02/lego-startet-neue-serie-gescheiterte.html

+++ Fundstück +++
„Wenn man eine Idee, die nicht gut ist, schlecht umzusetzen versucht, dann hat man Stuttgart 21.“  – geklaut in der Kommentarspalte der STZ 🙂

Herzliche Grüße und -oben bleiben!
Andrea
für IO.KO

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