IO Newsletter 09.11.2014: Auf ins Mineralbad!

Liebe InfoOffensive,

ich frage mich ja schon länger, wofür wir das EBA brauchen (http://infooffensive.de/2014/10/io-newsletter-19-10-2014-wofuer-brauchen-wir-eigentlich-dieses-eisenbahnbundesamt/) – doch es führt halt kein Weg daran vorbei: die Genehmigungen dieses Amtes sind rechtsgültig. Das könnte ja auch völlig in Ordnung sein – wenn wenigstens die Begründungen irgendwie fundiert und nicht politisch wären – und wenn dann noch die Möglichkeit bestünde, dass die Einhaltung eventuell zusätzlich aufgestellter Regeln auch kontrolliert würde. Dann würde mich die frisch erteilte Genehmigung für die Planänderung „Nesenbachdüker“ vielleicht nicht so erschrecken. Die Begründung beruft sich gleich mehrfach auf „öffentliches Interesse“ – das scheint alle technischen Bedenken zu übertrumpfen. Dann wird „Sofortiger Vollzug“ angeordnet, und zwar „weil das öffentliche Interesse am Vollzug dieses Bescheides das Interesse an der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage überwiegt“ – und später im Text wird sinngemäß gesagt, dass ohne diese Genehmigung der Bahnhofstrog nicht gebaut werden kann – und deshalb wird diese jetzt sofort erteilt. Es wird also genehmigt, weil S21 gebaut werden soll. Aha.

Für die Stuttgarterinnen und Stuttgarter hängt ja noch einiges mehr dran – zum Beispiel die Probleme beim Umbau der Haltestelle Staatsgalerie. Dem EBA ist das anstehende Chaos hier offenbar völlig wurst – Zitat „Die – wenn auch gegenüber dem festgestellten Plan – verlängerte Unterbrechung der Relation zwischen Hauptbahnhof und Staatsgalerie einerseits sowie Charlottenplatz und Staatsgalerie andererseits allein führt nicht zu einem Verfahren von wesentlicher Bedeutung.„. Bitte? Wir reden hier von einer Änderung von „Keine Beeinträchtigung“ auf „Monatelange Sperrung und Umleitung“ (Details unter http://infooffensive.de/stadtbahn). Das heißt doch in der Gesamtheit, für das EBA sind die Belange der BürgerInnen „nicht von wesentlicher Bedeutung“. An anderer Stelle ist zu lesen: „Die von den Trägern öffentlicher Belange auch zu dieser Frage [Verkehr – anm. der Red.] abgegebenen Stellungnahmen und Konzepte lassen indes den Schluss zu, dass keine unzumutbaren Zustände auftreten werden.“ Wie beruhigend. Nur, wer definiert, was mir zuzumuten ist? Wer glaubt da noch an Umwelt- und Naturschutz? Und weil ich nicht weiß, wer jetzt noch auf den Schutz unserer Mineralquellen achtet lautet meine Empfehlung: Auf ins Mineralbad – so lange wir das noch können!

Mit der ganzen Tragweite des Beschlusses habe ich mich noch gar nicht befasst – man regt sich ja bei jedem Abschnitt wieder auf. Wer mag kann den kompletten Text hier nachlesen: http://www.parkschuetzer.de/assets/statements/177749/original/Nesenbachd_ker_23_Stg21__PFA_1.1_-_14.pdf?1415424351). Und hier mitdiskutieren: http://www.parkschuetzer.de/statements/177749. Oder hier die Analyse der Netzwerke gegen S21 lesen: http://netzwerke-21.de/?p=4895

A propos aufregen – der Aufreger der letzten Woche war sicher der Streik der GdL und die Meinungsmach(t?)e der Presse. Da hört man Leute sagen „die Gründe für den Streik sind nicht akzeptabel“ – und bei näherem Nachfragen erfährt man, der/diejenige weiß ganz sicher, dass es beim Streik nur um die Machtbedürfnisse eines Einzelnen gehe und dieser damit nicht akzeptabel sei. Wahnsinn. Seither bin ich eigentlich richtig stolz darauf, wie viele Leute unsere Bewegung erreicht hat. Und darauf, dass wir es schaffen, seit Jahren diesen Anfeindungen und Diffamierungen zu begegnen. Okay, ich blende aus, wie wütend mich das oft macht und wie ich diese Hilflosigkeit hasse. Aber – hey – wir haben es geschafft, eine Stimme zu haben, gehört zu werden!

Zurück zur Gewerkschaft: Irgendwann hatte ich das Gefühl, selbst die Pressevertreter („Journalistische Edelfedern“ nannte man sie in der „Anstalt“: https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=uddyvXiXjTk) haben gemerkt, sie haben den Bogen überspannt. Sie haben Herrn Weselsky der öffentlichen Steinigung preisgegeben und es hat offenbar zu gut funktioniert – wenn er sich schon in seinem eigenen Haus nicht mehr sicher fühlen konnte. Also musste man irgendwann zurückrudern und dann gelegentlich ein paar Wahrheiten in die Berichterstattung einflechten. Aber natürlich nur gelegentlich.

Einen interessanten Einblick in die Verflechtung von Bahn und Regierung hat Herr Jörges vom Stern in einem Radioninterview gegeben: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/11/08/verflechtungen-zwischen-bahn-und-bundesregierung/. Mit Informationen, die auch wir im Hinterkopf behalten sollten.

Lesenswertes zum Bahnstreik: http://www.nachdenkseiten.de/?p=23772 oder http://www.heise.de/tp/artikel/43/43103/1.html und http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/11/08/gdl-und-s21/

A propos Aufreger: Wer an zu niedrigem Blutdruck leidet, kann sich in schönster Regelmäßigkeit damit helfen, sich über die juristischen Kapriolen um S21 zu informieren. Oder über das Verhalten der Polizei. Eine kurze Geschichte von Volker, der in Heilbronn erleben durfte wie die Polizei nach wie vor mit unseren Bürgerrechten umgeht: http://www.parkschuetzer.de/statements/177763 oder eine längere Geschichte, die einen ein weiteres Mal an unserer Justiz zweifeln lässt: http://www.trueten.de/permalink/Der-Rechts-Weg-ist-das-Ziel-Stuttgart-21-Gegner-im-Irrgarten-der-Justiz.html

+++ Vormerken +++

Montag, 08.12.2014, 18:00 Uhr: Die 250. Montagsdemo!
Montag, 24.11.2014, 19:15 Uhr: Großer Bahnhof im Rathaus: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/11/07/grosser-bahnhof-mit-sittler-hopfenzitz-wolf-und-musik-am-24-11-im-rathaus/
Donnerstag 27.11.14, 19:00 Uhr: Infoveranstaltung „Brandschutz und Brandbekämpfung im öffentlichen Schienenverkehr aus Sicht der Feuerwehr“ Bürgerhaus Möhringen, Filderbahnplatz 32 mit  Johannes Frank, Brandoberamtsrat a.D., Roland Morlok, Dipl-Physiker und Thilo Böhmer, Lokführer und Feuerwehrmann

Und natürlich gibt es die Traditionsveranstaltungen: Dienstags ab 06:30 Uhr das Frühstück am Bauzaun, vor jeder Montagsdemo die Raddemo um 17:45 am Feuersee, und die Montagsdemo um 18:00 Uhr auf dem Marktplatz. In dieser Woche mit den Themen „Fildern“ und „Bahnstreik“: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/11/07/die-246-montagsdemo-am-10-11/

Herzliche Grüße und -oben bleiben!
Andrea
für IO.KO

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IO Newsletter 02.11.2014: Was passiert eigentlich mit unserem Geld?

Liebe InfoOffensive,

wir alle bezahlen Steuern. Das Bundesfinanzministerium erklärt uns das so: „Der Staat übernimmt Aufgaben, die allen Menschen, die hier leben, zugute kommen“ (http://www.finanzforscher.de/wissen/warum-zahlt-man-steuern). Doch wenn man aufmerksam in die Gegend schaut, kommt man nicht umhin sich zu fragen, was das eigentlich bedeutet? Was gehört denn zu diesen Aufgaben? Wasserversorgung könnte man meinen – aber so ist es beispielsweise in Stuttgart nicht, die EnBW ist ein Privatunternehmen. Und das führt dazu, dass es allein in dem Stadtteil in dem ich wohne in den letzten Wochen 2 Wasserrohrbrüche gab. Mit allem was dazu gehört: Gesperrte Straßen und hohe Reparaturkosten, von denen ich gar nicht weiß, wie diese verteilt werden. Aber ich weiß, mit Wasser verdient man Geld, mit der Instandhaltung der Netze nicht (schon oft beleuchtet: http://infooffensive.de/2014/03/thema-wasser-ware-oder-verantwortung/). Natürlich bin ich nicht die erste, der das aufgefallen ist (http://www.kommunale-stadtwerke.de/). Aber es war auch nur ein Punkt auf der Liste.

Ein anderer war unsere ganz offensichtlich nicht einsatzfähige Bundeswehr. Natürlich versucht die Politik alles schönzureden (http://www.stern.de/news2/aktuell/bundeswehr-ministerium-sieht-truppe-voll-einsatzfaehig-2141418.html), doch an manchen Stellen ist es nicht mehr zu verbergen: Das Material ist nicht einsatzfähig. Und wir reden hier nicht von Problemen in Afrika, sondern vor unserer Haustür:  http://www.ndr.de/info/sendungen/reportagen/Ausruestungsmisere-gefaehrdet-Seenotrettung,bundeswehr1032.html. Fast ist es amüsant, wie die Verteidigungsministerin die Diskussion auf die Work-Life-Balance der Bundeswehrsoldaten lenkt (http://www.taz.de/Attraktivitaetsoffensive-der-Bundeswehr/!148580/) – denn müsste nicht die Kernfrage gestellt werden: Wohin flossen eigentlich die Gelder der letzten Verteidigungshaushalte? Richtig, die Bundeswehr wurde verkleinert, man verlässt sich auf die USA, wie diese Statistik zeigt (die ich zufällig gefunden und keineswegs verifiziert habe) http://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender-mit-den-hoechsten-militaerausgaben/. Aber wer haushaltet da eigentlich und wofür wird das zur Verfügung stehende Geld ausgegeben? Auf wen geht das zurück? Von der Leyen – de Maizière – zu Guttenberg – Jung – Struck – wer hat aufgehört, das vorhandene Material zu pflegen?

Nächster Punkt: Infrastruktur. Eine klassische Staatsaufgabe, oder? Warum ist plötzlich kein Geld da für die Instandhaltung unserer Straßen und Brücken? Frau Merkel macht ja nie klare Ansagen – bis auf eine Ausnahme: „Mit mir wird es keine PKW-Maut geben“ hat sie gesagt. Im Fernsehen, während das Twittervolk nur auf ihre Halskette schaute. Und jetzt? Tja, jetzt darf Herr Dobrindt fröhlich an einem Mautkonzept basteln. Ganz abgesehen davon, dass mir schwindlig wird bei Formulierungen wie „härtestmöglicher Datenschutz“ – warum reicht das Geld nicht? Zahlen wir wirklich nicht genug? Die Italiener finanzieren ihre Straßen über Steuern auf Benzin und die Maut. Deshalb war der Sprit früher für Touristen so teuer, dass es für deutsche Urlauber sogar Benzingutscheine gab (http://www.zeit.de/1983/11/wieder-benzingutscheine-fuer-italien-reisende). Und heute? Nun, Italien hat sein Steuersystem nicht geändert, aber unser Spritpreis unterscheidet sich kaum noch. Wo geht dieses Geld hin?

Und zwangsläufig landet man, wo man immer landet: Bei der Schieneninfrastruktur. Und die ist überall marode wie man lesen kann. In Ulm ist zu sehen, warum man unbedingt 20 Minuten schneller ankommen muss – weil man die Zeit vor Ort allein zum Gleiswechsel braucht:  http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kaputte-gepaeckbaender-fehlende-aufzuege-der-ulmer-bahnhof-wird-zum-hindernis.3fd6a767-ad8f-40eb-ac68-6fc81d9a91eb.html oder in NRW, wo es kaum noch intakte Brücken gibt: http://www1.wdr.de/themen/politik/bahnbruecken104.html. Das stimmt so nicht, denn es betrifft ganz Deutschland: http://www.zeit.de/mobilitaet/2014-09/deutsche-bahn-bruecken-zustand. Der Bund schießt brav Geld zu, aktuell vier Milliarden Euro: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/deutsche-bahn-kriegt-eine-milliarde-euro-mehr-fuers-schienennetz-a-997432.html. Doch – halt – da war doch was? Die Bahn ist doch ein „privatwirtschaftliches Unternehmen“, richtig? Das haben wir doch immer wieder gehört, wenn es um die Finanzierung von Stuttgart 21 und den ach so geringen Einfluss der Politik auf das Projekt ging.

Wer versteckt sich hier hinter wem? Eisenhart von Loeper hat bei seiner Rede auf der letzten MoDe noch einmal deutlich gesagt: „Artikel 87e im Grundgesetz verpflichtet den Bund und die privatisierte Bahn ausdrücklich zum Gemeinwohl und zur Erfüllung der Verkehrsbedürfnisse.“. Nun, dazu zählt Stuttgart 21 nun ganz offensichtlich nicht. Ein Thema, das die Juristen derzeit unter anderem im Blick haben. Auch brandaktuell die laufende Strafanzeige gegen die Bahnmanager. Diese erhält gerade kräftigen Schub durch das Gutachten des Strafrechtsexperten Professor Felix Herzog. (http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/strafrechtsexperte-vermutet-untreue-von-bahn-managern-bei-s-21-a-997943.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=http://t.co/f8hr2XdmuE). Prof. Herzog vermutet wegen S 21 ein wirtschaftskriminelles Geschehen strafbarer Untreue durch die Kapitalvernichtung großen Stils. Die ganze Rede hier: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/10/28/rede-von-dr-eisenhart-von-loeper-bei-der-244-montagsdemo/.

Wir dürfen einfach nicht locker lassen. Wir müssen zusehen, dass uns die Kontrolle nicht noch weiter entgleitet. Und in diesem Zusammenhang stimmt mich dieser Artikel der Deutschen Welle über die Olympia-Bewerbungen von Hamburg und Berlin eigentlich optimistisch: http://www.dw.de/die-faszination-der-ringe/a-18027295. Vielleicht wird ja wirklich etwas gelernt aus Elbphilharmonie, BER und S21? Vielleicht ist ein Richtungswechsel möglich? Vielleicht kommen wir irgendwann wieder an den Punkt, an dem der Staat mit unserem Steuergeld wieder Aufgaben übernimmt, „die allen Menschen, die hier leben, zugute kommen„?

Wir sollten uns weiter dafür engagieren. Montag ist Demotag: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2014/10/30/die-245-montagsdemo-am-3-11/

+++ Vormerken +++  Montag, 08.12.2014, 18:00 Uhr: Die 250. Montagsdemo!

Weitere Termine wie Wasserwerfer-Prozess etc. unter http://www.bei-abriss-aufstand.de/

+++ Anschauen +++ Infoveranstaltung zum Brandschutz bei S21: http://cams21.de/brandschutz-aus-sicht-der-feuerwehr-thema-stuttgart-21/

+++ Lachen +++ http://www.der-postillon.com/2013/02/lego-startet-neue-serie-gescheiterte.html

+++ Fundstück +++
„Wenn man eine Idee, die nicht gut ist, schlecht umzusetzen versucht, dann hat man Stuttgart 21.“  – geklaut in der Kommentarspalte der STZ 🙂

Herzliche Grüße und -oben bleiben!
Andrea
für IO.KO

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